Am Vortag
Es ist nicht so, als wäre Annethdelâ zum ersten Mal im gefangenen Elch. Tatsächlich verbrachte sie einen erstaunlichen Großteil ihrer Zeit in der alten, heruntergekommenen, Bar. Zumindest, wenn sie gerade keinen Auftrag hatte. Mit dem Besitzer der Bar, Adelino, verstand sie sich schon immer recht gut. Er war immer zu einem kleinen Plausch bereit und hatte einen fantastischen Sinn für Humor, wenn er manchmal auch ein etwas seltsamer Kauz war.
Auch heute hatten sie ihre Wege wieder in die Bar geführt und in Moment hatte sich die Söldnerin an der Theke niedergelassen, ein Glas Orangensaft vor sich stehen. Sie hatte noch nie viel von Alkohol gehalten und lehnte das Trinken dessen verheerend ab. Sie behielt gerne die Kontrolle über ihre Gedanken und Handlungen und wollte sich dieser Kontrolle auf keinen Fall entziehen. Die Sterne allein hatten eine Vorahnung davon was sie anstellen würde, hätte sie keine Kontrolle mehr über sich. Das was sie sagen würde, wie sie sich Verhalten würde, wen sie Verletzen könnte … das Risiko einen Fehler zu begehen war dabei einfach zu groß.
Ein Geräusch, als würde Metall auf Holz aufkommen holte die Elfe aus ihren Gedanken und sie sah von ihrem Glas auf. Adelino stand mit einem lächeln vor ihr, hatte eine Schüssel mit einigen Fleischstücken vor sie gestellt. Dankbar erwiderte Elâ das lächeln, nahm die Schüssel hoch und stellte sie neben ihren Hocker auf den Boden, damit Aspron, ihr Husky, davon essen konnte.
„Auf der Suche nach 'nem neuen Auftrag?“ wollte der Barbesitzer wissen. Annethdelâ nickte nur.
„Der letzte war nur ein kleiner Fisch. Viel zu leicht zu finden und viel zu kleine Bezahlung.“ erklärte sie, nahm einen Schluck ihres Getränks und sah sich etwas in der Bar um. Normalerweise waren die Typen die einen Auftrag hatten recht gut zu erkennen. Sie wirkten nervös, sahen sich um und eine Spur von Angst war in ihren Augen zu erkennen. Oder aber sie waren auffällig unauffällig. Versuchten alles um mit den Schatten zu verschmelzen und bloß nicht aufzufallen, sprachen aber trotzdem jeden an, in der Hoffnung auf einen der Söldner zu treffen.
Annethdelâ war eine Söldnerin. Und sie war hier in der Hoffnung einen neuen Auftrag zu erhalten und sich in näherer Zukunft etwas mehr zu essen gönnen zu können, als ein Stück Brot. Aspron brauchte auch regelmäßig sein Fleisch, er war einfach zu zahm und wirklich Jagen zu gehen und ein Lebewesen zu töten. Verletzen konnte der Hund jemanden ohne Probleme, aber sobald es ums Töten ging, schreckte er zurück.
kleiner Zeitsprung
Der Mann war Elâ schon aufgefallen als er die Bar vor wenigen Minuten betreten hatte. Er hatte kurze, braune Haare, die vor fett beinahe trieften. Ölige, im Licht der Kerzen schimmernde, Haut und goldene Augen. Teile seines Gesichts und seiner Arme waren mit braun-grünen Schuppen bedeckt, was auf seine Abstammung hindeutete. Auch er hatte die Elfin im Blick, bedachte sie mit einem schon beinahe wissenden, leicht anzüglichen, Blick. Und die Rothaarige ekelte sich davor näher an den Mann treten zu müssen, aber er könnte einen Auftrag haben … also stand sie auf und trat auf den Drachen zu.
„Du bist ein Söldner.“ stellte er fest, als Elâ nur noch wenige Schritte von ihm entfernt stand.
„Du hast einen Auftrag.“„Einen der mit Sicherheit etwas zu … anspruchsvoll ist, für einen kleinen Elbling wie dich." Die Augen der Rothaarigen verengten sich zu schlitzen, die Lippen wurden schmal und ein gefährlicher Glanz erschien in den Orangen Irden.
„An deiner Stelle würde ich aufpassen mit wem du dich anlegst.“ -
„Was möchtest du tun? Soll mich dein Welpe zwicken?“ Mit einem Mal bildete sich auf Elâs Hand ein Feuerball, welchen sie dem Drachen entgegenschleuderte, allerdings bildete dieser eine Schutzwand vor sich, ebenfalls aus Feuer.
„Eine kleine entflammbare Elfe also? Vielleicht könntest du mir doch hilfreich sein …“„Sag mir endlich was für einen Auftrag du hast, ich bleibe nicht auf ewig so geduldig.“ knurrte Elâ dem, beinahe schon schnurrenden, Drachen entgegen.
Dieser zog ein Foto aus seiner Tasche und schob es über den Tisch zur Elfin. Zu sehen war ein blasser Kerl mit blauen Haaren und Augen, zwischen dem blauen Büschel auf seinem Kopf lugten weiße Pferdeohren hervor und auf seiner Stirn war ein ebenfalls weißes Horn zu erkennen.
„Ein Einhorn?“ - „
Ein Hybrid. Zwischen Einhorn und Drache, mehr Pferd als Drache aber das tut nichts zur Sache. Sein Name ist Xipa und ich möchte das du ihn findest und erledigst. Das Bild kannst du behalten.“ Elâ nickte und steckte das Bild in die Tasche, welche sie immer bei sich trug. Gerade wollte sie den gefangenen Elch verlassen, da ertönte die Stimme des Drachens erneut.
„Möchtest du denn gar nicht wissen, wieso ich ihn Tod sehen will?“ Elâ wand sich genervt zu ihrem Auftraggeber um. Kurze Zeit stand sie bloß da, dann gab sie nach.
„Wieso soll ich ihn töten?“ -
„Sagen wir er … hat mir etwas genommen, das ich unbedingt wieder haben möchte. Deine Aufgabe ist es allerdings nur ihn zu erledigen. Danach sagst du mir, wo ich seine Leiche finden kann und ich erledige den Rest. Einverstanden?“ -
„Wie viel zahlst du mir?“ nun wurde die Elfe doch leicht misstrauisch.
„Genug. Ich sorge dafür das dein schickes Hündchen und du eine ganze Weile lang satt bleiben werdet.“Es war riskant. Das war es immer, schließlich wusste Annethdelâ nicht, ob dieser Mann sie auch wirklich bezahlen konnte. Die letzten drei Auftraggeber konnten dies nicht und mussten anschließend leider selbst dran glauben.
„Adelino, mach mir ein Zimmer fertig. Ich bleibe die Nacht über hier.“ rief sie dem Barbesitzer über die laut grollenden Betrunkenen zu. Dieser nickte und machte sich auf den Weg nach oben, nicht ohne vorher einen Mitarbeiter die Bar zu übergeben.
Nächster Tag / Heute
Elâ war bereits lange vor Sonnenaufgang aufgestanden und hatte sich fertig gemacht, ihre Sachen gepackt, Aspron gefüttert und sich von Adelino verabschiedet. Draußen vor dem gefangenen Elch traf sie noch einmal auf ihren Unbekannten Auftraggeber, dieser reichte ihr Wortlos einen Zettel, welchen sie annahm.
„Was ist das?“ -
„Ich weiß natürlich nicht wo sich Xipa aufhält. Aber dies sind die Orte, an denen er meistens anzutreffen sind.“ Elâ nickte, wollte sich gerade auf den Weg machen.
„Übrigens. Wenn du ihn tatsächlich findest und erledigen kannst, richte ihm doch schöne grüße von Pergrei aus.“ -
„Aber natürlich.“ erwiderte Elâ, drehte sich um und verschwand, mit Aspron an ihrer Seite, im Wald.
Als sie außer Sichtweite war, öffnete sie den Zettel, welchen der Auftraggeber, Pergrei, ihr gegeben hatte.
Mandelmilch und Morgentau ( Angeum)
Dunkles Verlangen (Daemonia)
Tauschbörse (Rugiemus)
Geheimtipp (Cruento)
Mangolientau (Viventem)
Nachthaus (Nebula)
Ammenmärchen (Ornate)
Es war also in jedem Land mindestens ein Ort ... von dem Pergrei gewusst hatte. Es könnten noch viel mehr Orte sein, an denen sich Xipa gerne aufhielt und die galt es zu finden. Ammenmärchen war ein Theater in Keiju, welches Annethdelâ als Kind gerne mit ihren Brüdern besucht hatte. Allerdings lag dieses mehrere Tagesreisen entfernt. Sie würde schneller sein, wenn sie zuerst nach Viventem reist und dort versucht dieses Mangolientau zu finden, was auch immer für eine Art Laden das sein mag.
„Also dann, Aspron.“ der Hund winselte kurz.
„Auf nach Viventem!“